Unter den Advertisern gibt es immer wieder Skeptiker gegenüber dem Affiliate Marketing. Eine Sorge der Advertiser ist unter anderem eine Übermacht der Beteiligungen von Gutschein-Publishern im Affiliate Programm, so dass sich der größte Anteil der Performance innerhalb dieses Kanals letztendlich und maßgeblich auf diese Partner reduzieren könnte. Oftmals werden diese Partner auch als reine Abgreifer angesehen, die keine inkrementellen Abverkäufe begünstigen würde.

Zielbild vs. Realität

Der Wunsch der Advertiser im Affiliate Marketing liegt eher bei einem differenzierten Publisher Mix mit einer hohen Anteiligkeit an Content-Partnern.  Viele Advertiser sehen ihre Brand viel lieber in einem relevanten Umfeld eines aufwendig redaktionell aufbereiteten Artikels, um so auch von zusätzlichen Branding Effekten zu profitieren sowie Reichweite zu generieren.

Dies steht natürlich konträr dazu, dass Affiliate Marketing ein sehr performanceorientierter Kanal ist mit dem Fokus auf Conversions, in dem die meisten Sales eher mit Partnern generiert werden die eher am Ende der Customer Journey stehen.

Affiliate Modelle entlang der Customer Journey - wo befinden sich Gutschein-Publisher?

Abb.: Affiliate Modelle entlang der Customer Journey

Ein Grund hierfür ist, dass nachwievor bei Affiliate Programmen vorwiegend an der Last-Click-Attribution festgehalten wird, die die gesamte Provision ausschließlich dem Partner mit dem letztem Klick vor Kaufabschluss zuordnet. Alle anderen an der Customer Journey beteiligten Partner werden nicht vergütet, selbst wenn diese ursprünglich den Kauf ausgelöst hatten. Dies entspricht natürlich wenig der Realität im Kaufentscheidungsprozess und führt zu einer Benachteiligung bestimmter Partner.

Attributionsmodelle

Abb.: Attributionsmodelle

Auch sträuben sich viele Advertiser zusätzlich zum bereits vereinbarten CPO weitere monetäre Anreize für die Publisher – insbesondere Werbekostenzuschuss-Budgets (WKZ-Budgets) – zur Verfügung zu stellen, da dies risikoreicher für den Advertiser ist. Gerade Content-Publisher sind jedoch aufgrund des hohen Aufwands bei der Erstellung von entsprechend redaktionellen Artikeln auf zusätzliches Budget angewiesen, da sie aufgrund der “Last Cookie Wins”-Logik ansonsten zu häufig gänzlich ohne Kompensation ihrer Aufwände dastehen würden.

Insbesondere das Festhalten an der “Last Cookie Wins”-Logik spielt also den Betreibern von Gutscheinseiten in die Karten – denn mittlerweile erfolgt nahezu kein Kauf im Onlineshop ohne die Suche nach einem entsprechenden Rabatt. Wer hat es denn nicht selbst schon einmal gemacht – während des Bestellvorgangs wird man auf das Gutscheinfeld aufmerksam und sucht dann in einem neuen Tab nach passenden Rabattcodes. Besucht man nun eine Gutscheinseite und klickt auf einen vermeintlichen Gutschein, so wird man auf den Online Shop zurückgeleitet. Schließt man den Bestellprozess nun ab, erhält die Gutscheinseite die gesamte Provision, da diese als “Last Click” zugeordnet wird, auch wenn initial ein anderer Partner uns auf die Seite geführt hat. Gerade in diesem Fall ist es jedoch zweifelhaft, ob dieser Partner eine entscheidende Rolle bei der Erzielung des Verkaufs gespielt hat und die Provisionierung somit gerechtfertigt ist.

Ist damit das Problem der Abhängigkeit von Gutscheinpublishern selbst geschaffen und wie kann man nun dafür sorgen den Mitnahmeeffekt und Abgreifmechanismus von Gutscheinpublishern zu verringern?

Auch ohne Umstellung des Attributionsmodell gibt es tatsächlich einen einfachen Weg um das Abgreifen zu verhindern und eine faire Vergütung entlang der Customer Journey bestmöglich zu gewährleisten – die Einführung eines Basket Freeze.

Was ist ein Basket Freeze?

Ein Basket Freeze verhindert, dass ein vorher gesetzter Cookie für eine bestimmte Zeit nicht mehr überschrieben werden kann, wenn der Kunde bereits im Warenkorb war oder Produkte bereits in den Warenkorb gelegt hat. Dadurch wird ausgeschlossen, dass ein neuer Cookie gesetzt wird, wenn der Kunde während des Bestellvorgangs noch einmal von einem anderen Partner in den Onlineshop einspringt. Die Dauer eines Basket Freezes liegt dabei üblicherweise zwischen 10 und 30 Minuten. Somit soll sichergestellt werden, dass der Sale dem Partner zugeordnet wird, der den Kunden ursprünglich auf den Shop aufmerksam gemacht und zum Bestellabschluss geführt hat.

Wie kann ein Basket Freeze implementiert werden?

Der Basket Freeze sollte im Bestellablauf auf der Seite eingerichtet werden, auf der das Gutscheinfeld zu finden ist. Die Änderung erfolgt dabei im Tag Manager, dabei würde man beispielsweise im Google Tag Manager einen Cookie mit dem Wert “true” setzen, als auch einen Zeitraum festlegen, für wie lange der Cookie gültig ist, wenn ein User über die erste Quelle nun diese Seite erreicht. Erst nach Ablauf dieses Zeitraums kann ein neuer Cookie gesetzt werden. Kommt der User nun innerhalb dieses Zeitraums über eine zweite Quelle wieder auf die Seite mit dem Gutscheinfeld zurück, wird der Wert auf “false” gesetzt und der vorherige Cookie kann nicht überschrieben werden. Der Basket Freeze kann dabei alle Online Marketing Kanäle einschließen oder nur auf den Affiliate Kanal beschränkt werden.

Workflow Implementierung Basket Freeze, um gegen Gutschein-Publisher vorzugehen

Abb.: Workflow Implementierung

Es ist zudem zu überlegen den Basket Freeze bei bestimmten Publishersegmenten bzw. ausgewählten Publishern auszuschließen. Hierbei sollte insbesondere Rücksicht auf Cashback- und Loyaltypartner genommen werden, die einen Teil ihrer Provision als Geld oder als Punkte an den Kunden zurückgeben. Die Systematik eines Basket Freeze ist bei den Nutzern entsprechender Portale nur schwer verständlich, da sie davon ausgehen, wenn sie Cashback aktivieren – auch wenn dies erst kurz vor Bestellabschluss passiert – dieser ihnen gutgeschrieben wird. Die Gefahr, dass entsprechend Reklamationen von Kunden in Form von Nachbuchungsanfragen eingereicht werden, wenn ihnen aufgrund des im Hintergrund aktivierten Basket Freezes das Cashback nicht zugeordnet wird, wäre daher besonders hoch. Der hohe Support-Aufwand bei der Reklamationsbearbeitung seitens dieser Partner könnte sich negativ auf die Partnerschaften auswirken. Die technische Umsetzung kann hier beispielsweise anhand der individuellen Publisher ID aus dem jeweils genutzten Affiliate Netzwerk erfolgen.

Was sind die Auswirkungen eines Basket Freeze?

Der wohl wichtigste Vorteil des Basket Freezes ist die Sicherstellung einer gerechteren Vergütung, als auch die Stärkung der Kanäle bzw. Partner, die den Kunden tatsächlich auf die Webseite gebracht und zum Kaufabschluss geführt haben. Im Affiliate Marketing werden insbesondere Content-Seiten, Blogger und Preisvergleicher vom Basket Freeze profitieren, wodurch diese motivierter sind, ihre Bewerbung weiter auszubauen.

Schließt der Basket Freeze alle Cookies des Marketing-Mixes ein, wird es auf der anderen Seite insbesondere im Affiliate Kanal einen Rückgang der Sales geben. Gesamtheitlich betrachtet werden immer noch gleich viele Sales generiert, allerdings kommt es zu einer Verschiebung der Sales hin zu anderen Online Marketing-Kanälen.

Ungeachtet davon wird insbesondere bei den Gutscheinpartner ein Sale-Rückgang zu beobachten sein, was kurzfristig erstmal zu Unmut bei einigen Partnern führen kann. Aber bei der initialen Zielsetzung des Advertisers bei der Einführung eines Basket Freezes ist diese Auswirkung ja durchaus erwünscht.  Und ein Basket Freeze ist bereits eine übliche Vorgehensweise im Affiliate Marketing und sollte daher langfristig kein Hindernis bei diesen Partnern sein, da die meisten sich bereits daran gewöhnt haben damit umzugehen.

Praxisbeispiel eines Advertisers aus dem Bereich Fashion

Im konkreten Fall eines großen deutschen Einzelhändlers aus dem Bereich Fashion, welchen Artefact seit zahlreichen Jahren bei der Steuerung und Optimierung des Affiliate Marketing betreut, hat man sich dazu entschlossen einen zehnminütigen Affiliate-only Basket Freeze einzuführen. Grund hierfür war die gewonnene Erkenntnis, dass Gutscheinpartner den größten Anteil an Sales ausmachten und die Vermutung bestand, dass diese nur den Mitnahmeeffekt eines potentiellen Gutscheincodes ausnutzen. Dennoch wollte man die Zusammenarbeit mit diesem Publishersegement nicht komplett einstellen, sondern lediglich den Mitnahmeeffekt reduzieren und den Fortbestand der Partnerschaft sicherstellen, da Gutscheinpartner weiterhin eine bedeutende Rolle im Affiliate Marketing spielen.

Bei der Umsetzung wurde zudem beschlossen einige ausgewählte Cashback- und Loyaltypartner vom Basket-Freeze auszuschließen, um die bereits erläuterten Komplikationen zu verhindern.

Durch die langjährige Marktexpertise konnte Artefact sowohl bei dem Entscheidungsprozess und Konzipierung als auch bei der Implementierung des Basket Freeze unterstützen.

Nach einiger Zeit konnte die Erkenntnis gewonnen werden, dass die Performance einiger Gutscheinpartner tatsächlich deutlich rückläufig geworden ist. Der Rückgang lag dabei zwischen nur 16% bis hinzu 90%.

Da es sich um einen reinen Affiliate-Freeze handelt, gab es allerdings keine Auswirkungen auf die Anzahl der Gesamtsales und -umsatzes im Affiliate Kanal, sondern es kam zu einer Umverteilung bei den Top Partnern auf andere Publishersegmente wie beispielsweise Cashbacker und Loyaltypartner, aber auch Publisher, die eher am Anfang bzw. Mitte der Customer Journey stehen wie beispielsweise Preis- und Produktsuchen inklusive CSS-Publisher als auch Content-Publisher, insbesondere Influencer, sind dadurch gestärkt worden. So ist deren Umsatz gesamtheitlich betrachtet im Vergleich von 2020 zu 2021 um ca. 12% gestiegen. Gerade bei der neu eingeführten Partnerschaft mit CSS-Publishern konnte die Attraktivität der Zusammenarbeit erhöht werden, da nun sichergestellt werden konnte, dass der durch den CSS-Publishern gesetzte Cookie zeitweise nicht überschrieben werden kann und so dieser Partner bei erfolgreichen Kaufabschluss auch die Provisionierung erhält. Gerade dies konnte die angebundenen CSS-Partner überzeugen den Advertiser statt mit einer festen CPC-Vergütung auf CPO-Basis laufen zu lassen, was performance-orientierter und insbesondere risikoärmer für den Advertiser ist. Seit Beginn dieser Partnerschaft rangieren CSS-Publisher unter den Top Partnern.

Die Einführung des Basket Freezes erhöhte entsprechend auch die Attraktivität des Programms gegenüber Influencernetzwerken, die eher am Anfang der Customer Journey stehen, und gab so dem Advertiser die Chance die Zusammenarbeit weiter auszubauen.

Die Abhängigkeit von einigen Gutscheinpartnern konnte damit signifikant verringert werden.

Fazit

Der Basket Freeze ist somit eins der zahlreichen Mittel, die auf einfache Art und Weise genutzt werden können um das eigene Affiliate Marketing Programm entsprechend der eigenen Zielsetzung zu konzipieren.

Ein Basket Freeze ist bereits bei zahlreichen Advertisern im Einsatz und kann dabei helfen die Provisionen gerechter zu verteilen als auch die Publisher zu stärken, die im Sales Funnel tendenziell weiter vorne angesiedelt sind und damit den größten Anteil daran tragen, dass der Kunde den Kauf getätigt hat.

Gutscheinpartner sollte man dennoch nicht pauschal als Abgreifer definieren oder die Zusammenarbeit komplett einstellen. Mit diesem Schritt würde der Advertiser wichtige Partner verlieren, die durch die Bewerbung von Gutscheinen, aber auch Platzierung von Sonderangeboten, Sale-Phasen und Angeboten auf tatsächliche Aktionen hingewiesen haben und somit als Abschlussverstärker agiert haben. Die tatsächliche inkrementelle Umsatzwirkung von Gutscheinpartnern sollte dabei nicht außer Acht gelassen werden. Laut einer Studie von Inmar wirken sich Gutscheine und deren Bewerbung durch die entsprechende Partner positiv auf den Kaufentscheidungsprozess aus. Durch einen Gutschein wird der Warenkorb erhöht, Impulskäufe gefördert, neue Kunden gewonnen aber auch Bestandskunden reaktiviert.

Weiterhin ist auch zu beachten, dass auch wenn der Gutscheinpartner den Kunden nicht initial auf den Shop aufmerksam gemacht hat, so hat dieser dennoch – wenn ein Gutschein tatsächlich vorhanden war – dazu beigetragen, dass der Kunde am Ende den Kauf abgeschlossen hat. Überlegenswert wäre daher als nächsten Schritt eine Attribution, wodurch der Gutscheinpartner eine anteilige Provision auf Grundlage des individuellen Wirkungsanteil gewährt wird. Diese Aufteilung wird auch Commission Splitting genannt. Weitere Information zur Attribution im Affiliate Marketing sind im Whitepaper “Attribution im Affiliate Marketing | Überblick über potentielle Umsetzungsmöglichkeiten” nachzulesen.

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